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Der deutsche Maler Caspar David Friedrich: Wie ein spiritueller Einzelgänger die romantische Landschaftsmalerei veränderte

Caspar David Friedrich - Der einsame Baum

Der deutsche Maler Caspar David Friedrich: Wie ein spiritueller Einzelgänger die romantische Landschaftsmalerei veränderte

Die Werke des deutschen Künstlers Caspar David Friedrich gelten weltweit als eingängige Prototypen für charakteristische Landschaftsmalereien. Friedrich – stets auf der Suche nach einer tiefgründigen Erfahrung durch die Kunst – bezog auf subtile Art und Weise fantastische und übersinnliche Elemente in seine Werke ein. So beherrschen neblige Weiten und ungewöhnliche Sonnenlichtperspektiven seine Gemälde. Dieser Eigensinn machte den gläubigen Deutschen zum berühmtesten Landschaftsmaler seiner Epoche. Er verlieh dem traditionell an Bedeutung verlorenem Gebiet der Naturmalerei neue Aspekte, die den Betrachter direkt mit religiösen und spirituellen Aussagen konfrontierten. Durch Friedrichs Streben universelle Empfindungen bildhaft zu machen, konnte er die Grenzen der Realität und der bloßen Abbildung sprengen. Indem er die Erhabenheit der Natur in Zusammenhang mit seinem Glauben an einen christlichen Gott setzte, war es Friedrich möglich, vermeintlich banale Landschaftsmotive mit einer Kraft des Göttlichen zu versehen. Womöglich gerade deshalb haben Caspar David Friedrichs zeitlose Gemälde Bewunderer in den unterschiedlichsten Kulturen der Welt und in verschiedensten Generationen gefunden.

Stimmung statt bloße Ansicht

Die Ölgemälde des berühmten Deutschen sind am besten zu beschreiben mit dem Wort „stimmungsvoll“. Im schönen Greifswald in Mecklenburg-Vorpommern geboren, erwachte in Caspar David Friedrich schon früh eine große Liebe zur atemberaubenden Natur seiner Heimat. Der Betrachter seiner Meisterwerke wird in eine Wildnis gedrängt, die ebenso eine emotionale Reaktion herausfordert. Gerade diese Verbindung von Gefühl und Naturabbildung brachte Friedrich den großen Erfolg. Friedrichs konservativ geprägte Kunstkollegen stellten diese spirituell aufgeblähte Art der Landschaftsmalerei vehement infrage. Allgemein galt, dass Allegorie und Religion in der Naturmalerei nichts zu suchen hatten. Für Friedrich jedoch war die Natur ein Ort in der die Gegenwart Gottes spürbar wird. Er vertrat seine Ansichten mit selbstbewusster Überzeugung. Friedrich war sich sicher, dass seine Werke den Betrachtern die Möglichkeit gaben, die Gegenwart Gottes in der Welt zu erkennen. Als Beweise für diese göttliche Existenz nutzte er in seiner Malerei dramatische Perspektiven und ungezähmte Landschaften. Seine gemalten Figuren fügen sich ehrfürchtig, aber dennoch würdevoll in die kraftvollen Naturszenerien ein.

Alles andere als pittoresk

Zweifellos machte sich Friedrich romantische Vorstellungen von Gott und Natur zu eigen. Indem er dies tat, lehnte er traditionell pittoreske Landschaftsmalerei ab. Mit seinen einfühlsamen Darstellungen von Licht und Nebel vermittelte der Maler eine Kraft des Naturreiches, in der der Mensch zwar zerbrechlich erscheint, aber Bedeutung und Sinn findet. Harmonische Farben und Lichtverhältnisse schaffen ein atemberaubendes Gefühl für den unendlichen Raum. Friedrichs künstlerische Technik überwältigenden Leere und Weite mittels Farbe und Kontraste abzubilden, wurde maßgebend für die moderne Kunst. Zu Friedrichs Zeit war jener visuelle Minimalismus so außergewöhnlich, dass sowohl Kritiker als auch das Publikum oftmals nicht wussten, was genau sie betrachteten. Denn der Einsatz von gedämpften Farben und einfachen Kompositionen versprach zwar einheitliche, aber verwirrende Sichtweisen. Einer Anekdote zufolge begutachtete eine kunstinteressierte Gruppe bei einem Besuch im Atelier des Visionären eines seiner Werke, das kopfüber präsentiert wurde und glaubte, die Wellen seien Wolken und der Himmel das Wasser.

Kindheit und Jugend

Caspar David Friedrichs religiöse Eltern erzogen ihre Sprößlinge streng lutheranisch. Er selbst war das sechste von zehn Kindern. Im Alter von sieben Jahren starben sowohl seine Mutter als auch zwei seiner Schwestern an den Folgen von Krankheiten, mit denen alle drei lange kämpfen mussten. Ein weiterer folgenschwerer Verlust war der Tod des Bruders, der den damals dreizehnjährigen Caspar David vor dem Ertrinken rettete und dabei sein Leben verlor. Die Schuldgefühle um das Ableben seines Bruders trug der Künstler ein Leben lang mit sich.
Friedrichs Vater förderte das Kunstinteresse und das Talent seines Sohnes wohlwollend.
1790 nahm Caspar David bei Johann Gottfried Quistorp, einem renommierten Universitätsprofessor, Zeichenunterricht. Der familiären Unterstützung sicher, begab Caspar David sich im Alter von zwanzig Jahren nach Dänemark, um an der Kunstakademie in Kopenhagen Malerei zu studieren. Hier beschäftigte sich der Student mit den großen Meistern und entwickelte eine übermächtige Leidenschaft für Landschafts- und Naturmalerei. Neben der künstlerischen Praxis vertiefte sich der junge Mann in mystische, religiöse und spirituelle Poesie. Friedrichs Gesamtwerk ist stark beeinflusst von seiner Literaturlektüre. Es bildet buchstäblich das Fundament für die deutsche Romantik, die er als führender Vertreter begründen sollte.

 

Die Kunst ist alles, der Künstler ist nichts

Nach dem Abschluss im Jahre 1798 zog Friedrich nach Dresden. Hier durfte er erste Erfolge mit seiner Kunst feiern. Schon als junger Maler kreisten seine künstlerischen Ziele um romantische Ideale und um das spirituelle Potenzial der Malerei. Seine ersten Werke versprühen den unschuldigen Ausdruck religiöser Emotionen, die in der Kraft der Natur beheimatet sind.
„Das absolute Ziel des Menschen ist nicht der Mensch, sondern das Göttliche, das Unendliche. Die Kunst ist unendlich, endlich ist das Wissen und Können aller Künstler.“, so Friedrich. Mit anderen Worten: Nicht der Künstler, sondern das Werk sollte laut Friedrich im Zentrum der Bewunderung stehen und das erstrebenswerte Ziel der Kunst sein. Die Landschaftsmalerei wurde für Friedrich zum entscheidenden Vehikel, um das Erhabene visuell zu manifestieren und darzustellen – gut zu erkennen in den Gemälden „Das Kreuz in den Bergen“ (1807-08) sowie „Der Morgennebel in den Bergen“ (1808).
Während der Jahre des napoleonischen Reiches hatte Caspar David Friedrichs Auseinandersetzung mit den Themen „Landschaft“ und „Natur“ neben den religiösen und romantischen Dimensionen auch eine weitere wichtige Bedeutung. In seinen Darstellungen von deutschen Orten investierte Friedrich in politische Werte von Nationalstolz, Heimatliebe und Macht: Die deutschen Naturschätze sollten eine außergewöhnliche Intensität über weltliche Grenzen hinaus ausstrahlen. 1815 kam es zum Sturz Napoleons. Friedrichs Zeitgenossen deuteten seine Kunstwerke neu. Die Gemälde strahlten ein Versprechen einer zukünftigen Selbstbestimmung aus, die von Fremdherrschaft und Abhängigkeit befreit ist und eine eigene wertvolle Kultur zulässt.

 

Privates Glück und berufliche Erfolge

Schnell wurde Friedrich zu einem der führenden Künstler in Deutschland. 1816 wurde der beliebte Maler in die Dresdner Akademie gewählt. Der Lehrstuhl ermöglichte ihm zum ersten Mal ein festes Gehalt. Zwei Jahre später heiratete er im späten Alter von 44 Jahren seine große Liebe Caroline Bommer. Mit ihr hatte Friedrich drei gemeinsame Kinder: einen Sohn und zwei Töchter. Die Ehe und das Familienleben wirkte sich positiv auf seine Karriere aus. Seine Frau stand ihm immer wieder Modell. Friedrich verwandelte seine Liebste in zahlreichen Gemälden in sein altbewährtes Sujet einer einsamen, aber in der Landschaft aufblühenden Figur.
Allmählich wurden internationale Sammler und Gönner auf den stolzen Einzelgänger aufmerksam. Bei einer Ausstellung in der Berliner Akademie, wo Friedrich „Der Mönch am Meer“ (1808-10) und „Die Abtei im Eichenwald“ (1809-10) präsentierte, kaufte der preußische Prinz Friedrich Wilhelm Ludwig beide Bilder ab. Als großer Bewunderer von Friedrichs Können und Kreativität spornte der Prinz seine Familie an, den Künstler finanziell zu unterstützen. Doch Friedrichs politisch liberale Ansichten ließen ihn später in Ungnade fallen und die Herrscherfamilie wich als Mäzen zurück. Zeitgleich erwarb Zar Nikolaus I. zahlreiche Bilder für seinen Hof und machte damit den deutschen Romantiker in Russland bekannt. Da Friedrichs Kunst gut in der russischen Aristokratie aufgenommen wurde, beauftragte Fürst Alexander den Künstler mit der Produktion einer transparenten Bilder-Serie, die heute leider als verschollen gilt. Wahrscheinlich wurden diese Werke in einem abgedunkelten Raum von hinten beleuchtet und mit musikalischer Untermalung pompös präsentiert.
In dem deutschen Dichter Johann Wolfgang von Goethe fand Caspar David Friedrich eine verwandte Seele. Beide Männer verband eine romantische Empfindsamkeit und eine Leidenschaft für die schönen Künste. Als die Künstler sich kennenlernten, war der deutlich ältere Goethe bereits eine Berühmtheit. Durch ihre Einigkeit in Sachen romantischer Bewegung waren Meinungsverschiedenheiten keine großen Hindernisse für die Freundschaft. Als Goethe vorschlug, Friedrich solle doch Wolken malen, um die unterschiedlichen Typen zu studieren und im wissenschaftlichen Sinne zu dokumentieren, widersprach ihm Friedrich. Der Maler war der Meinung, eine wissenschaftliche Herangehensweise würde seinen spirituellen und religiösen Idealen von der Erhabenheit der Natur nicht gerecht werden.

Friedrichs Jahre des Glücks und Erfolgs nahmen ein jähes Ende, als sein Freund Gerhard von Kügelgen ermordet wurde. Dieser Verlust löste 1820 eine schwere Depression aus. Zudem kamen romantische Landschaften aus der Mode. Zunehmend empfanden Publikum wie Kunstkenner die stimmungsvollen, idealisierten Bilder von Friedrich als kitschig und reaktionär. Friedrichs Karriere litt an seiner Treue zum Realismus und Naturalismus. Acht Jahre nach seiner Einstellung wurde ihm 1824 sogar der Lehrstuhl für Landschaftsmalerei an der Dresdner Akademie entzogen. Die Depression und die Kündigung schwächten den einstigen kraftvollen Künstler so sehr, dass dieser schwer erkrankte und aufgrund von Erschöpfung und Erkrankung nicht mehr in Öl malen konnte. Diese traurigen Tatsachen veranlassten moderne Kunsthistoriker dazu Friedrichs Spätwerk als düstere Meditation von Vergehen und Tod zu deuten. In der Tat zog sich der alternde Maler 1830 aus der Öffentlichkeit zurück. Sein Misstrauen gegenüber Kollegen, Freunden und Familie wuchs. In der Einsamkeit seines Ateliers zurückgezogen, durften ihn nur die engsten Bekannten besuchen. Trotz oder gerade wegen dieser isolierenden Privatsphäre waren Friedrichs letzte Lebensjahre produktiver denn je. Zu dieser Zeit erschuf der betagte Künstler seine berühmtesten Gemälde wie „Die Stationen des Lebens“ von 1835. Doch im selben Jahr lähmte ihn ein Schlaganfall und beschränkte seine motorischen Fähigkeiten stark. 1840 starb Caspar David Friedrich verarmt und krank an den Folgen eines zweiten Schlaganfalls.
Sein Vermächtnis ermutigt Landschaftsmaler bis heute das traditionelle Genre immer wieder neu zu überdenken – wie auch er selbst es einst tat, indem er deutsche Landschaften in ehrfurchtgebietenden Malereien mit politischen und religiösen Bedeutungen darstellte. Von dem Missbrauch dieser bedeutenden Werke durch Nazi-Propagandisten befreiten ihn Generationen später moderne Künstler aus Deutschland, darunter die Maler Gerhard Richter und Anselm Kiefer.

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