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Der deutsche Künstler Paul Klee – Bauhaus, die Zwischenkriegszeit und das Ideal der Kinderzeichnung

Paul Klee - Fish Magic

Der deutsche Künstler Paul Klee – Bauhaus, die Zwischenkriegszeit und das Ideal der Kinderzeichnung

Jenseits der materiellen Welt fand der Maler und Zeichner Paul Klee Inspirationen für seine fantasievollen, kindlichen und humorvollen Gemälde. Sowohl als Mitglied der expressionistischen Gruppe „Der Blaue Reiter″ als auch als beliebter Dozent am Bauhaus, der damaligen einflussreichsten Hochschule Deutschlands, beeinflusste der in der Schweiz geborene Deutsche die Kunstszene der Zwischenkriegszeit maßgeblich. Trotz oder gerade aufgrund seiner Zugehörigkeit zu unterschiedlichen künstlerischen Bewegungen kann Klees vielseitiges Werk nicht eindeutig einer bestimmten Stilrichtung zugeordnet werden. Er selbst wollte der freien und intuitiven Kunst der Kinder am nächsten kommen.

Musik und Malerei

Für neue wissenschaftliche Erkenntnisse seiner Zeitgenossen offen und als wissbegieriger, neugieriger Mensch, glaubte Klee an übersinnliche Realitäten hinter der fassbaren Materie, die das menschliche Unterbewusstsein erkennen kann. Dem Transzendentalismus verhaftet, versuchte der Maler jüdischer Herkunft bestehende Konventionen der Gesellschaft künstlerisch zu überschreiten. In erster Linie ging es ihm um alternative Möglichkeiten der Kunsterschaffung und der Lebensgestaltung. Mithilfe von Design-, Farb- und Musterzeichensystemen setzte der Kunstschaffende seine ideologischen Auffassungen gekonnt in seine Arbeiten ein.
Klees erste Liebe war jedoch die Musik. Oftmals spielte er Geige als eine Art Aufwärmübung, bevor er sich in seinem Atelier an das Malen machte. Pauls Eltern waren ausgebildete Musiker, die ihrem Sohn die Leidenschaft für das Musizieren und Singen in die Wiege gelegt hatten. Von seiner Familie stark gefördert, entschied sich der musisch begabte Junge dennoch für den Beruf des Malers. Zwischen der Musik und den visuellen Künsten erkannte Klee Parallelen: Beispielsweise im Farbausdruck und der musikalischen Klangfülle oder in der zeitbasierten Darbietung von Musik und den Prozessen der Malerei. Der Ästhet verglich später in seinen Vorlesungen am Bauhaus sogar den visuellen Rhythmus in malerischen Kompositionen mit den strukturellen Rhythmen in musikalischen Stücken des deutschen Musikers Johann Sebastian Bach.
Traditionelle Grenzen zwischen Schrift, Musik und bildender Kunst herausfordernd, erforschte der Kunstprofessor Klee ausdrucksvolle und neue Formen der Malerei, die auf abstrakter, symbolhafter oder poetischer Sprache basierten. Auf seinen eigenen Kunstwerken tummeln sich auf diese Weise Buchstaben, Pfeile, Noten, alte Hieroglyphen, schwarze Linien und Musiknoten. Dennoch verlangte Klee nie eine bestimmte Deutung seiner Arbeiten und war offen für individuelle Beobachtungen: Er forderte die subjektive Interpretation regelrecht ein.

Das innere Kind entdecken

Seine tiefste Bewunderung empfand er gegenüber den Zeichnungen von Kindern. Laut Klee schaffen die Kleinen ohne Zwänge, völlig frei, authentisch und unverblümt Kunst. Die Voreingenommenheit von Erwachsenen kennen sie noch nicht. Um eine ähnliche Einfachheit und Freiheit in seinen eigenen Werken zu erreichen, verwendete Klee intensive Farbtöne und bemühte sich die geübte Linienführung eines professionellen und geschulten Zeichners hinter sich zu lassen. Stattdessen experimentierte er wiederholt mit verschiedenen Techniken und verstieß absichtlich gegen herrschende Normen der akademischen Malerei. Ebenso war die Art, wie Klee Farbe auf die Leinwand auftrug, äußerst ungewöhnlich. Während seiner Lehrzeit am Bauhaus waren das Sprühen und Stempeln sein Markenzeichen. Zusätzlich war es ein besonderes Anliegen des Malers, seine Arbeiten auf „gewöhnlichem″ Material wie Karton, Musselin oder Sackleinen aufzutragen. Der Freidenker erklärte jegliches Material als würdigen Maluntergrund. Diese veränderte Einstellung gegenüber der normalerweise als ehrfürchtig betrachteten Handlung des Malens, befeuert die Fantasie seiner Schüler, die dazu befähigt und ermutigt wurden, die rigiden Regeln der Malerei über Bord zu werfen. Da für Klee das Kind der begabteste Künstler von allen war, waren für ihn Selbstzweifel, Angst vor Kritik oder aufgeblasene Attitüde der Tod der wahren Kunst.

Wenn die Moderne anklopft

Während seiner akademischen Ausbildung konzentrierte sich Klee hauptsächlich auf das Zeichnen. Nach zwei Jahren Privatunterricht begann er eine Lehre im Atelier des Symbolisten Franz von Stuck in München. In der bayerischen Hauptstadt lernte der junge Klee die Pianistin Lily Stumpf kennen, die er später zur Frau nahm. Nach der Geburt ihres Sohnes Felix arbeitete Lily als Klavierlehrerin und unterstützte ihren Mann am Anfang seiner künstlerischen Karriere finanziell.
Klees erste Begegnung mit modernen Kunstbewegungen fand im Jahre 1911 statt. Er traf sich mit den Expressionisten der bereits etablierten Malergruppe „Der Blaue Reiter″ (Wassily Kandinsky, Franz Marc und August Macke) und nahm schon ein Jahr später an der zweiten Ausstellung der Gruppe teil. In dieser Schau hingen auch Werke von international bekannten Avantgarde-Künstlern wie Robert Delaunay, Pablo Picasso und Georges Braque. Zwischen Klee und Robert Delaunay entwickelte sich eine langjährige Freundschaft. Der energische Franzose lud Klee in sein Atelier in Paris ein. Tatsächlich fanden in der lebendigen Kulturstadt Frankreichs – von der elanvollen Schaffensfreude seines neuen Freundes infiziert – Klees erste Experimente mit der abstrakten Malerei statt.
Ein weiterer Faktor, der Klees Verhältnis zur Malerei veränderte, fand im Jahr 1914 statt. Auf seiner Reise durch Tunesien mit den Künstlerkollegen August Macke und Louis Moilliet, schrieb er selbstbewusst und euphorisch in sein Notizbuch: „Farbe und ich sind eins″ und „Ich bin Maler.″ Die dort entstandenen Aquarellzeichnungen der Städte Tunis, Hammamet und Kairouan dienten Klee nach seiner Rückkehr in die Heimat als Studien für abstrakte Werke.

Kunst in Zeiten der Weltkriege

Drei Monate nach Klees Rückkehr aus Tunesien brach der Erste Weltkrieg aus. Zwar wurde der Maler zum Dienst berufen, blieb jedoch von der Front verschont. Mittlerweile war Klee ein finanziell erfolgreicher Künstler geworden. Insbesondere eine Ausstellung in der Galerie „Der Sturm″ in Berlin brachte ihm großes Ansehen in der europäischen Kunstszene. Anfangs war Klee noch politisch zurückhaltend und gab seine Ansichten über den Krieg kaum preis. Aber nach der Ausrufung eines kommunistischen Komitees im November 1918 in München, wurde der Maler Mitglied der Exekutivtruppe der revolutionären Künstler. Doch die sogenannte Novemberrevolution scheiterte und Klee kehrte abermals zurück in die Schweiz. Schon zwei Jahre später erschien er wieder in Deutschland: Er wurde Dozent für Buchbinderei, Glasmalerei und Bildnerische Formlehre am berühmten Bauhaus in Weimar. Das Bauhaus bot den Studenten eine grundlegende Bildung in Architektur und Industriedesign in Verbindung mit den bildenden Künsten. Ein ganzes Jahrzehnt war Paul Klee tonangebender Hochschullehrer. Nach der intensiven Lehrzeit am Bauhaus wechselte er auf die Kunstakademie in Düsseldorf. Die guten Zeiten fanden nur nach drei Jahren ein jähes Ende. Im Zuge der Machtergreifung Hitlers wurde der einst geachtete jüdische Künstler denunziert und als Lehrer für „entbehrlich″ erklärt. Klees Werk wurde als verrückte Einfalt verspottet und nach einer Hausdurchsuchung im April 1933 wurde Klee von seiner Lehrtätigkeit entlassen. Daraufhin flüchteten seine Frau und er nach Bern. Die Umstände hinterließen nicht nur ihre seelischen Spuren. Klee litt an der Autoimmunkrankheit Sklerodermie, die innere Organe und die Haut verhärteten. Durch das grausame Weltgeschehen und das eigene körperliche Leiden gebrochen, sah sich der sensible Künstler lange Zeit nicht mehr imstande Kunst zu schaffen. Nach einer einjährigen Erholungszeit fasste Klee neuen Mut und erschuf in nur wenigen Monaten über 1000 Werke. Auch wenn Klees Spätwerk sich nahezu ausnahmslos mit düsteren Themen (Tod, Schmerz und Trauer) befasst, gab ihm die Kunst wieder neue Lebensfreude in einer schweren Zeit. Jedoch wurde nicht nur seine künstlerische Arbeit erschwert. Auch sein Antrag auf die schweizerische Staatsbürgerschaft wurde durch das nationalsozialistische Deutschland korrumpiert. Bevor der Antrag genehmigt werden konnte, verstarb Paul Klee 1940 in der schweizerischen Stadt Locarno.

Als ehrgeiziger Freidenker beeinflusste Klee nicht nur seine Studenten, sondern hinterließ darüber hinaus ein progressives künstlerisches Erbe, das vielen Kunstbegeisterten immer noch als Quelle der Inspiration und Nachahmung dient. Auf Klees Werken fällt vor allen Dingen das vermeintlich zufällige Nebeneinander von abstrakten Zeichen, Symbolen und Texten in lebhaften Farben auf. Damit wollte der deutsche Maler darstellen, wie das Unbewusste selbst die wache Realität manipuliert. Die Surrealisten seiner Zeit verglichen seine Werke mit Traumzuständen in denen all die Objekte des Alltags wie von Geisterhand rekombiniert werden.
Klees Malweise, die sich an den Zeichnungen der Kinder orientierte, sowie sein Gebrauch von Symbolen interessierte später die Künstler der New York School; besonders diejenigen, die sich mit dem Unbewussten, der Mythologie und der Esoterik sowie dem Primitivismus beschäftigten. Paul Klees Nutzen der Farbe als eigenständiges Medium, das menschliche Emotionen auszudrücken vermag, wirkten sich auch auf nachfolgende Künstlergrößen wie die Amerikaner Jules Olitski und Helen Frankenthaler aus. Doch am bekanntesten ist und bleibt Paul Klee wohl für seinen Respekt vor der Kinderzeichnung. Auch andere Künstler wie der Franzose Jean Dubuffet schlossen sich später dieser Philosophie an, die die Kunst der Kinder als Ideal von Ausdruck und Authentizität feiert.

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